Über Wahrnehmung und Bewusstsein im Kontext von TRANSFLEISCH

Nach Thomas Metzinger können wir Bewusstsein als solches nicht erfahren. Wir können höchstens den Kontext dessen wahrnehmen, was wir Bewusstsein nennen: die Farbe von etwas, Klänge, Gerüche oder Gefühle. Unser Bewusstsein bleibt transparent.

“Ein im Gehirn aktives, bewusstes Weltmodell ist genau dann transparent, wenn das System keine Möglichkeit hat, herauszufinden, dass es ein Modell ist – als Gesamtpersonen schauen wir sozusagen direkt durch es hindurch auf die Welt.”

Metzinger, in: Der Ego-Tunnel

Generell nehmen wir als Menschen nur einen Bruchteil der Wirklichkeit überhaupt wahr. Aus dem möglichen Frequenzspektrum von Tönen hören wir nur den kleinen Ausschnitt zwischen etwa 16 – 20.000 Hz. Hunde hören doppelt, Mäuse sogar bis zu fünfmal höhere Frequenzen als das menschliche Ohr. Für den Menschen bedeutet das, dass jeder Ton oberhalb der 20 kHz in seiner Welt nicht existiert. Ähnliches gilt für das Sehen von Farben.

Ich finde folgende Frage interessant: Warum ist es nötig, dass der Mensch eine Sinneswahrnehmung hat, mit der Rohdaten aus der Umwelt übersetzt werden? Warum können wir nicht z.B. Farbinformation direkt verarbeiten, sondern müssen sie zuerst in z.B. “rot” und dann von dort nach “potentielle Gefahr” übersetzen? Wofür der Zwischenschritt und warum hat diese vermeintliche Verlangsamung die Evolution überstanden?

Es geht noch weiter: Sind zwischenmenschliche Beziehungen und Liebe lediglich ein biologischer Mechanismus, der nur im Gehirn entsteht? Sind Gefühle wie Liebe ein evolutionärer Sicherheitsmechanismus, der gewährleistet, dass kompatible Gene aufeinandertreffen? In diesem Fall wären unser Verstand oder unser Bewusstsein nicht mehr als die Marketingabteilung des Gehirns, die instinktiven Entscheidungen im Nachhinein einen Sinn verleiht – bzw. uns diesen einredet.

Unser Gehirn ist ein Realitäts- und Sinngenerator, der unentwegt rattert und dort Sinn findet, wo keiner ist. Wir reden uns Kausalitäten ein, wo keine sind, nur weil unser Gehirn glaubt, eine gewisse Logik in Dingen entdeckt zu haben. Zufall wird zum Synonym mit ausgeliefert sein – und das können wir nicht verkraften (aber warum eigentlich?).

Ein Gedankenexperiment: Die Rechenleistung von Computern ist bereits jetzt unglaublich hoch und sie wird in naher Zukunft noch viel höher sein. Nun programmiert man ein Computerspiel mit verschiedenen Charakteren, die alle ihrer eigenen Logik folgen – ihren eigenen Willen (oder zumindest eine eigene Wahrnehmung eines Willens) haben. Diese Welt folgt einer physikalischen und biologischen Logik. In dieser Welt erfindet nun ein Charakter einen Computer und überlegt sich, dass es doch schön wäre, ein Spiel zu entwickeln, dessen Charaktere einen vermeintlich freien Willen haben – usw. An welcher Stelle oder auf welcher Ebene befindet sich unsere Realität? Wie beweisen wir das Gegenteil?

Wenn also unsere gesamte Existenz nicht mehr als eine chemische Reaktion im Gehirn ist, wie können wir sicher sein, dass nicht auch unser Gehirn Teil einer solchen Simulation ist? Woher wissen wir, dass das Gehirn nicht von etwas anderem simuliert wird? Der Protagonist in TRANSFLEISCH hat eine Antwort gefunden.

TRANSFLEISCH